Sonntag, 28. Oktober 2007

Lebenszeichen..

..sende ich mal wieder aus, und zwar in Form eines kleinen Berichtes, den ich letzte Woche Freitag vollendet habe...Fotos folgen dann..(nach Nicaraguanischer Zeit *gg*)

Freitag, 26/10/2007

Schon lange habe ich mich nicht mehr ausfuehrlich gemeldet… jetzt habe ich mal Zeit.

Seit 3 Wochen bin ich nun in Puerto Cabezas, meiner neuen Heimat fuer 11 Monate und ich fuehle mich hier schon sehr wohl! Puerto Cabezas ist wie ein grosses Dorf, in dem man sich noch auf der Strasse gruesst, egal ob man sich kennt oder nicht.

Nachdem ich mich das letzte Mal aus Granada gemeldet habe, war ich noch eine Woche in Estelí, anschliessend haben Moritz und ich 5 tolle Tage bei 2 anderen deutschen Freiwilligen und Freunden in Managua verbracht, Jakob und Christoph. Haben dort ein paar Sachen gekauft, den Reisepass bei der Botschaft abgeholt, uns richtig beim Arzt durchchecken lassen (ich hatte naemlich eine Woche ziemliche Magenschmerzen) und die gemeinsame Zeit genossen. Vor drei Wochen, an einem Mittwoch sind wir dann nach Puerto geflogen. Schon beim Landeanflug konnte man die Auswirkungen des Hurrikan Felix betrachten; umgestuerzte Baeume, beschaedigte (ohne Dach) und zerstoerte Haeuser. In Puerto ansich sind es v.a. die umgefallenen Palmen und Baeume sowie kahle Flaechen, wo mal welche standen, die das Bild bestimmen. Die Haeuser wurden zum groesstenteil repariert.

Das Haus in dem Moritz und ich wohnen, liegt ein bisschen abseits; in einem Teil befindet sich eine Klinik der Iglesia Morava, wir bewohnen die andere Haelfte mit einem Wohnraum/Kueche inkl Schaukelstuehlen (ganz wichtig hier), 2 Schlafzimmern und Bad.

Als wir dort ankamen, war alles ziemlich dreckig (das Haus wurde 5 Wochen nicht bewohnt), sodass wir die ersten Tage erstmal mit putzen verbracht haben. Dabei haben wir gleich Unterstuetzung bekommen, von Norma, der Vizepraesidentin der Junta Nacional von AJECIM, Exdel, dem Koordinator der Jugend und sozusagen meinem Chef, und Laura, einer Verwandeten von Norma, die fuer uns gekocht hat. Zudem sind in den ersten Tagen viele verschiedene Leute vorbei gekommen, um uns zu begruessen und sich vorzustellen. So habe ich mich hier gleich ziemlich wohl gefuehlt!

Ein Problem war jedoch, dass wir anfangs keinen Strom im Haus hatten, da eine Stromleitung fehlte, die beim Hurrikan zu Schaden gekommen war. Als wir in Puerto ankamen, wurde uns mitgeteilt, dass die fehlende Leitung in 2-3 Tagen kommen solle. Doch Nicaragua ist halt nicht Deutschland… erst seit diesem Samstag haben wir endlich Strom und das ist auch gut so. Klar kann man ohne elektrische Energie leben, aber mit ist doch eine Erleichterung, das koennen wir eindeutig feststellen, gerade was Licht und Kuehlschrank betrifft. Hier wird es naemlich schon gegen halb sechs Uhr dunkel und nur mit Kerzenlicht kann man dann nicht mehr viel machen.

Ansonsten: wie sind die Lebensbedingungen hier? Wie sieht mein Alltag aus?

Der Lebensstandard ist sehr niedrig; niedriger als an der Westkueste Nicaraguas, d.h. es gibt kein fliessendes Wasser und der Strom faellt noch oefter aus als am Pazifik. Fuer Moritz und mich heisst das, Wasser aus dem Brunnen holen (wenns nicht gerade geregnet hat, dann fangen wir Regenwasser auf) fuer die Toilette, Geschirr spuelen, putzen, waschen… wobei duschen tun wir uns nicht wie die Nicas mit ner Schuessel Wasser, nein, wir gehen zur Wasserstation nicht weit von unserem Haus, da steht ein kleines Haeuschen mit Wasserhahn an der Decke, ziemlich praktisch. Nur wenns nicht geregnet hat, funktionierts leider nicht, da das Wasser gesammeltes Regenwasser ist.
Stromausfaelle gibt es hier teilweise mehrmals pro Tag, mal nur kurz, mal bis zu mehreren Stunden. d.h. dann am PC arbeiten ist nicht mehr oder die geschriebene E-mail war umsonst (also immer schoen abspeichern).

Nach jetzt knapp 3 Wochen hat sich schon ein bisschen ein Alltag fuer mich herausgebildet. Von 8-12 Uhr und 2-5 Uhr arbeite ich im Buero von AJECIM (dazu gleich mehr), in der Mittagspause gehe ich meistens Heim was essen oder ab und zu ins Internetcafé. Abends nach der Arbeit mache ich Besorgungen, koche zusammen mit Moritz, treffen Leute oder bekommen Besuch.

Meine Arbeit bestand in den letzten beiden Wochen darin, eine Statistik zu erstellen ueber die Bevoelkerungszahl und –zusammensetzung aus den Daten, die nach dem Hurrikan aufgenommen wurden. Abgesehen davon mache noch kleine Sachen, wie was abtippen, an Versammlungen teilnehmen oder Kostenvoranschlaege erarbeiten fuer Unternehmungen.
Einen Tag bin ich schon mit in drei Comunidades gefahren, zum Essen verteilen, denn bis zum 15. Januar werde ich en la emergencia mitarbeiten. Die Fahrt war ziemlich anstrengend, denn lang und hinten auf einem Transporter, bei dem man aufgrund der schlechten Strassen teilweise Angst hatte, dass die Holzbretter krachen. Trotz der Strapazen war die Reise sehr interessant, aber auch traurig anzusehen, was eine Naturkatastrophe anrichten kann. Das Dorf Sisin durch das wir gefahren sind, war total zerstoert, tausende umgefallene Baeume… in eine comunidad konnten wir gar nicht erst reinfahren, weil die Strasse so schlecht war. Aber andererseits war es auch ein schoenes Gefuehl mitanzusehen, wie sich die Leute ueber deine Praesenz und deine Hilfe in Form von Lebensmitteln gefreut haben, denn viele Ortschaften hatten bis dahin noch gar keine Hilfe bzw nur ein Mal von der Regierung bekommen (und da nur minimal, hat mir ein Mann erzaehlt). Das Problem ist, dass die ganzen Ernten, die einzige Lebensgrundlage der Menschen, zerstoert wurden. Es wird 3-4 Monate dauern, bis sich die Leute dort wieder selbst versorgen koennen.

Was zu meiner Arbeit hier auch dazu gehoert, ist zur Kirche zu gehen und an sonstigen Aktivitaeten meines Abeitgebers, der Iglesia Morava, teilzunehmen, was teilweise ziemlich anstrengend ist. Meinen ersten “culto” (Gottesdienst), den ich hier miterlebt habe, war am Samstag in der Woche in der ich angekommen bin. Der Gottesdienst ging 3 ½ Stunden! mit viel Singen, Predigten…und dann noch auf miskito, der Sprache, die von der Mehrheit der Leute hier gesprochen wird. In diesem culto wurden Moritz und ich auch vorgestellt, besser gesagt wir mussten uns selber vorstellen, wozu auch gehoehrt, irgendetwas zu praesentieren, was man kann. Hier heisst das meistens: singen. Gut, dass uns das vorher schon mitgeteilt wurde, so hatten wir zu Hause “Marmor, Stein und Eisen bricht” eingeuebt, Moritz mit Gitarre, ich mit Gesang. Aber dann alleine vor knapp 200 Leute zu singen, ist dann doch noch mal was anderes (v.a. weil ich nicht wirklich singen kann). Ich war so froh, als in dem Moment der Strom ausgefallen war, so wurden wir nur von ein paar Kerzen beleuchtet. Aber das Lied kam gut an, vor allem das kleine Fuellwoertchen “dam” hat den Leuten sehr gut gefallen und es wurde nach seiner Bedeutung gefragt. Am folgenden Tag mussten wir uns erneut vorgestellen, diesmal im Gottesdienst der Iglesia Miskita Central vor knapp 400 Leuten aber ohne Gesang. Puhh!! Anschliessend sind wir zum Essen eingeladen worden, bei Norma, am Nachmittag fand wieder ein Treffen/culto von Jugendlichen statt, das diesmal “nur” 2 Stunden dauerte.

Die Kirche hat eine ziemlich wichtige Rolle, wie ihr seht, und die Religioesitaet der Menschen hier ist ziemlich extrem, fuer meinen Geschmack zu extrem. Die Kirche gibt teilweise die ganze Lebensweise vor. Moravos duerfen z.B. nicht trinken, tanzen, rauchen... was fuer uns in Deutschland ganz normal ist. Dieses Thema hat Moritz und mich natuerlich sehr beschaeftigt, sodass wir bisher jedem Jugendlichen und Mitglied von AJECIM diesbezueglich auf den Zahn gefuehlt haben. Viele halten sich strickt an die Regeln, es gibt aber auch genug, die das trotzdem machen. Man muss halt ein bisschen aufpassen und nicht uebertreiben, denn wenn man oeffentlich gesichtet werden wuerde, wuesste es gleich die ganze Gemeinde und Stadt, und das wuerde ein schlechtes Bild auf die Iglesia Morava werfen. Naja, wir werden sehen..

Und a propos Arbeit: diesen Begriff darf man nicht so verstehen, wie in Deutschland, dass ist uns gleich klargeworden. Viel Arbeit besteht hier darin Versammlungen abzuhalten, bei denen kaum produktives rauskommt. Es wird viel geredet, aber konkrete Abmachungen und Planungen sind Mangelware. Das ist meiner Meinung nach ein echtes Problem, denn so scheitert vieles an mangelnder Organisation oder fruehzeitiger Planung. Ein Beispiel: Vor 2 Wochen am Dienstag sollten 2 Brigaden von Jugendlichen in die Comunidades starten, um bei Aufraeumarbeiten nach dem Hurrikan zu helfen. Am Montag!! haben wir dafuer einen Kostenvoranschlag fuer die noetige Verpflegung der Jugendlichen aufgestellt., die aber noch von “oben” abgesegnet werden musste und am gleichen Tag haetten die Lebensmittel noch eingekauft werden muessen. Geklappt hat das dann natuerlich nicht, die Reisen wurden zunaechst um ein paar Tage verschoben, konnten dann aber leider aufgrund fehlender finanzieller Mittel gar nicht durchgefuehrt werden.

Ja was hab ich sonst noch so gemacht...

…ich war im Meer baden am Strand von Puerto mit ziemlich warmen Wasser und Palmen… herrlich!!

…habe viele nette Leute kennengelernt, z.B. die Pfarrersfamilie von der einzigen spanischsprachigen Iglesia Morava “Esperanza”, deren Gottesdienst Moritz und ich die letzten beiden Sonntage besucht haben (eher Bibelstunde, sehr nett). Beide Male waren wir anschliessend zum Mittagessen eingeladen. Letzten Sonntag waren wir dann Nachmittags noch im Jugend”gottesdienst”/”treff” der gleichen Gemeinde, bei dem wir ab sofort ein bisschen mitarbeiten werden.

…und ansonsten geht ziemlich viel Zeit fuer die Alltaeglichkeiten des Lebens, wie kochen, waschen (per Hand), das Haus in Ordnung halten, einkaufen,…drauf.

Diese Woche von Sonntag bis Donnerstag haben wir zudem spontanen Besuch von unserer “Familie” aus Managua, Jakob und Christoph, bekommen; sie sind mit ihrer Kirche (Iglesia Luterana) und einer Aerztedelegation aus den USA gekommen. Wir waren zusammen am Strand, Haare schneiden ;-) und das 1. Mal hier am Abend aus, was ziemlich lustig war! Zudem haben uns die beiden eine super praktische Regenrinne ans Dach gebaut, sodass wir das Regenwasser besser auffangen koennen, was uns einiges wassertragen erspart.

Zum Schluss noch was zur Sprache und Verstaendigung: Wie ihr wisst, wird hier neben Spanisch noch Miskito gesprochen, eine indigene Sprache, die fuer uns ohne Verbindung zu irgendeiner schon bekannten steht, abgesehen davon, dass einige Woerter aus dem Spanischen und Englischen uebernommen wurden. Das Miskito gehoert hier zur Kultur dazu und wird ueberall gesprochen, die “cultos” und “encuentros” von der Kirche sind teilweise komplett auf Miskito; was folglich zu abschalten meinerseits fuehrt, weil man einfach nichts versteht. Doch ich bin schon dabei, das zu aendern; mit Exdel habe ich angefangen zu lernen, er deutsch, ich miskito..und ich hoffe mal, dass wir das durchziehen, vor hab ichs auf jeden Fall.

So, das wars dann mal wieder. Wenn ihr Fragen habt oder was bestimmtes wissen wollt, meldet euch bei mir.

Aisabe

Swanny (hier koennen die Leute Swanny aussprechen, so viel zum Unterschied zwischen der Pazifik- und Atlantikkueste, wozu ich mal noch was schreiben muss…)

Dienstag, 9. Oktober 2007

Puerto Cabezas

liebe Leute,

sorry, dass ich mich sooo lange nicht gemeldet habe. Ich bin jetzt seit letzter woche mittwoch in Puerto Cabezas und mir gefaellts hier richtig. Ein Problem ist nur, dass wir noch keinen Strom im Haus haben, deshalb konnte ich mich noch nicht in Ruhe hinhocken, um was zu schreiben. demnaechst (Nicaragua-muss man relativ betrachten), wenn wir strom haben, werde ich mich dann ganz ausfuehrlich bei euch melden..denn im moment bin ich nur kurz wegen der arbeit hier im Internetcafe.

liebe gruesse
swanny